Eigentlich mag ich Gesellschaftsspiele lieber als Computerspiele. Genau genommen habe ich dem Computerspiel schon seit 10 Jahren den Rücken gekehrt. Ich will Auge gegen Auge in das Angesicht meines Gegners schauen. Da fliegen schon mal die Würfel durch die Gegend und da werden wütend die Spielkarten auf den Tisch geknallt. Was nützt es, einen Gegner zu besiegen, wenn man nicht sieht, wie er wütend wird?
In den 1980er Jahren wusste ich noch nicht, dass ich das Brettspiel eines Tages bevorzugen würde. Ich träumte noch von der Karriere als weltberühmter Computerspieleentwickler, dem sich die Welt zu Füßen legt. Klar: Ein dünner, blasser Teenager mit langer Nase wird auf einmal sexy, wenn er von seinen selbstentwickelten Computerspielen erzählt. Das funktioniert immer.
Zurück zu Top Hat Men: Das war ein Gesellschaftsspiel, umgesetzt als Computerspiel. Als Gesellschaftsspiel hat es Top Hat Men nie gegeben. Das wäre auch zu kompliziert geworden: Die Berechnungen, was da auf den einzelnen Spielfeldern so produziert wird und was es Deine Mitspieler kostet, wenn Sie Dein Grundstück betreten, sind schon recht komplex. Das will niemand im Kopf ausrechnen.
Ja, Top Hat Men sieht Monopoly ein bisschen ähnlich. Aber eben nur auf den ersten Blick: Die Spieler wandern über die Spielfelder hinweg und können auf dem ganzen Spielfeld ihre Minen und Bohrtürme hinterlassen. Vorher sollte man auf eine Bodenprobe nicht verzichten. Und wer auf einem der gegnerischen Spielfelder parkt, muss dort auch einkaufen. Ganz besonders mies sind die Autoschalter: Hier wird schon Geld ausgegeben, wenn das Spielfeld nur passiert wird. Und das gute Image müssen die Zylindermännchen auch im Blick behalten: Wer es sich leisten kann, ganz viele Spenden zu tätigen, wird am Ende das Spiel gewinnen.
Wo die Spielfigur auf der Reise über das Spielfeld strandet, ist nicht nur dem Würfelglück überlassen. Mit einem Wunschzug kann das Würfelglück auf drei Zahlen reduziert werden (versuche das mal mit dem herkömmlichen Würfel eines Brettspiels). Und wer mit dem Schiff unterwegs ist, kann sich das gewünschte Ziel direkt aussuchen. Die Reise auf dem Gewässer kann aber so richtig ins Geld gehen.
Hier könnt Ihr das Spiel für den Emulator runterladen!
Wer sich sein Kapital vorausschauend auf der Bank abholt, zahlt Runde für Runde seinen Obolus für den Kredit und kann sich das mit entsprechenden Einkünften meisten auch leisten. Wenn allerdings die Schulden das Eigenkapital überschreiten, dann werden alle Verbindlichkeiten sofort in einen „Wucherkredit“ umgewandelt. Und das ist meistens auch der Anfang vom Ende des Spiels. Ach ja: Wer pleite ist, kann neu ins Spiel einsteigen. Wenn die anderen Spieler allerdings schon ihre Reichtümer angehäuft haben, dann tut sich ein Quereinsteiger mit seinem „Startup“ natürlich ziemlich schwer.
Fast gänzlich in schwarz-weiß gehalten präsentiert sich die Grafik. Dafür aber dann in der vollen C64-Ultra-HD Auflösung von 320x200 Pixeln. Das ganze Spiel sieht ein bisschen so aus, als sei es von der grafischen Benutzeroberfläche Geos inspiriert worden. Die Titelmusik wurde dem Spiel vom Vertrieb aufgezwungen. Das Thema läuft nach meinem Empfinden nicht so richtig rund. Und das war wohl auch mein Antrieb es bei den nachfolgenden Spielen selbst mit der Komponisterei zu versuchen.
Auf dem Schwesterportal c64-spiele.net gibt es die komplette Spielanleitung.
Ja, Top Hat Men ist in einer geselligen Runde durchaus spielbar. Und das kann ich wirklich nicht über jedes meiner C64-Werke behaupten. Es ist nahezu bugfrei und (abgesehen vom Ausflug in die Unterwelt, der für den Spieler fast immer nachteilig ist) sogar einigermaßen ausbalanciert. Tja, ich hätte wohl besser damals schon Gesellschaftsspiele entwickeln sollen.
(Hier findet Ihr das Video bei YouTube)
Top Hat Men kann schon ein paar Stunden dauern. Das Video zeigt den Anfang und den Showdown des Spiels.